Im Gebüsch (VÖ: 19. Januar 2024)

Andreas Dorau wird am 19. Januar 2024 zum ersten Mal sechzig. Anlässlich dessen legt er sein neues Album »Im Gebüsch« vor. Darin lauern 13 Stücke, auf denen kaleidoskopartig verschiedene Pop-Realitäten aufblitzen, erstmals auch auf Englisch: »Touristen-Englisch«, wie es Dorau selbst bezeichnet, die Platte als eine Sightseeing-Tour des Pop. Dabei begibt sich Dorau auf einen Streifzug durch diverse Spielarten elektronischer Musik, wobei eine fröhliche Traurigkeit seine treue Begleitung ist. Außerdem wurden für dieses Album u. a. Gäste wie die Musikerinnen Güner Künier und JJ Weihl (Discovery Zone, Fenster) sowie Brezel Göring (Stereo Total) rekrutiert. »Im Gebüsch« ist modern, retro und postmodern gleichzeitig. Das kann nur einer, das kann nur Andreas Dorau!

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Von: SOPHIE HOLZINGER

Andreas, wann hast Du Dich das erste Mal in Deinem Leben alt gefühlt?

An meinem dreißigsten Geburtstag, der war schlimm. Da dachte ich: Jetzt ist das Leben vorbei! Seitdem habe ich keine Angst mehr vor runden Geburtstagen, aber habe auch immer dafür gesorgt, dass ich an meinen Geburtstagen viel zu tun habe, damit ich nicht in die Verlegenheit gerate, über mich und die Situation des Geburtstages nachdenken zu müssen. Aus diesem Grund bringe ich das neue Album auch an meinem Geburtstag raus.

Kann man das als Flucht nach vorne bezeichnen?

Ja. Ich habe Angst vor meinen Gedanken am sechzigsten. Meine Lieblingstätigkeit ist es, Platten herauszubringen. Außerdem werde ich ja zum ersten Mal sechzig.

Ziehst Du bei dem Stück »Was nimmst Du mit?« Bilanz Deines Lebens?

Nein! Da geht es nur darum, was man mitnimmt, wenn es zuhause brennt. Da ist keine Metaebene drin. Über die Frage, was ich mitnehmen, wenn meine Wohnung brennt, denke ich dagegen seit zig Jahren nach.

Warum?

Weil es jeden Tag passieren könnte.

Und was nimmst Du nun mit?

Es gibt keine Hunde oder Katzen, die ich retten müsste. Ich weiß bis heute nicht, was ich mitnehmen würde. Ich habe auch noch kein Testament aufgesetzt und mir über mein Ableben keine Gedanken gemacht, weiß auch nicht, wie und ob ich beerdigt werden möchte.

Der Tod beschäftigt Dich?

Im Gegenteil, auf dieser Platte sterben erstaunlich wenig Leute in meinen Texten, denn sonst lasse ich immer viele Lebewesen sterben. Warum? Keine Ahnung! Vielleicht, weil in der Realität zuletzt so viele Leute gestorben sind. 

Gibt es eigentlich einen Dorau-Sound?

Ich fand als Kind Bands, die ständig ihren Sound ändern, von Folk zu Progrock oder so, ganz schlimm, weil ich enttäuscht war. Seit ich Musik mache, hatte ich mir vorgenommen, dass es das bei mir niemals geben soll. Wenn ich mal das Bedürfnis hätte, etwas anderes zu machen, würde ich tatsächlich den Namen ändern.

Und gibt es nun einen Dorau-Sound?

Ich glaube, dass sich bei mir eine textliche Perspektive manifestiert hat, die man vielleicht als fröhliche Traurigkeit beschreiben kann. Japaner haben meine Musik mal »Happy Sad« genannt. Die hatte ich von Anfang an.

Woher kommt die Traurigkeit?

Das ist wohl ein Teil meiner Persönlichkeit. Ich mache meine Platten auch nicht für irgendwelche Leute, sondern ich mache meine Platten für mich. Mein Ansatz Musik zu machen war auch, dass ich meine eigene Platte haben wollte. Das ist eigentlich bis heute so: Ich mache meine Platten für mich! Aber natürlich hoffe ich, dass es anderen Leuten auch gefällt.

Ist Deine Musik deutsch?

Nein, eher europäisch, ich fühle mich momentan besonders zur französischen und belgischen Musik hingezogen. Ich wollte, dass diese Platte eher elektronisch wird, aber auch nicht rein elektronisch. Aber es sollten schon möglichst viele Jahrzehnte elektronischer Musik gestreift werden, ohne direkt einem Jahrzehnt zu huldigen.

Wer sind dabei Deine Gäste?

Zwei Musikerinnen: Güner Künier aus Berlin und JJ Weihl, eine Amerikanerin, die unter dem Namen Discovery Zone und bei der Band Fenster Musik macht. Und Brezel Göring singt bei einem Stück. Ansonsten habe ich die Platte mit Zwanie Jonson gemacht und auf drei Stücken mit der Band unhappybirthday zusammengearbeitet.

Du singst nun auch wieder mal auf Englisch. Warum?

Ich habe lange damit gehadert. Aber hey, ich werde sechzig, das kann ich mir mal wieder erlauben. Ich dachte eigentlich, dass die Stücke für ein Zwanie-Album gedacht sind und ich dabei nur Gast bin, aber sie waren für mich geschrieben. Ich habe dann entschieden, das gut zu finden. Mein Englisch ist übrigens unterirdisch. Ich würde es eher als Touristen-Englisch bezeichnen: verständlich aber unschön.

Du hast zwei autobiografische Bücher mit Sven Regener verfasst. Was für einen Einfluss hatte das auf Deine Musik?

Durch die Ereignisse der letzten Jahre hatte ich die Lust am Plattenmachen verloren. Das brauchte da wirklich kein Mensch. Deswegen ist vier Jahre lang nichts erschienen. Umso mehr Freude hatte ich am Entstehen der Bücher. Es gibt auch auf der Platte viele Stücke, bei denen es um mich geht. Ich habe mich wohl zuletzt versehentlich viel mit mir selbst beschäftigt.

Was bedeutet Dir der Begriff des „Erwachsenseins“?

Ich neige nicht zum Peter-Pan-Syndrom. Jeder ist mal erwachsen oder mal spießig, pubertär oder kindlich. Bei jedem Menschen hat der Baum andere Zweige.

Warum hast Du eigentlich keine Falten?

Weil ich so selten lache. Ich glaube sogar, dass ich weniger lache als der Bundesdurchschnitt. Ich bin ja auch der jüngste Sechzigjährige.

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