Leichte Teile, Kleiner Rock (VÖ: 13. Oktober 2023)

Liebe MusikfreundInnen,

25 Jahre nach der Veröffentlichung von Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs „Leichte Teile, Kleiner Rock“ gibt es selbiges Album jetzt erstmalig komplett auf Vinyl. Zu der Zeit führte der 1986 eingeführte Bandname bereits ein Eigenleben, die Musik bekam wieder Texte und wurde zu Songs. Hans Nieswandt schrieb dazu:

„Aneinemspätenmontagmorgen. Nacheinemlangenhartenwochenende. Indereinoderanderendisco."
Leichte Teile, Kleiner Rock" kommt rein, und die Perspektive auf die aktuelle Befindlichkeit verändert sich. Wird jenseitiger von Zeiten und Räumen.

Als diese Band gegründet wurde, hab' ich noch in Hamburg gewohnt, und das ist echt schon eine Ewigkeit her. Ich stelle mir vor, daß sie manchmal sogar fremd im eigenen Haus waren, als alles elektronisch ging. Dafür stehen sie jetzt äußerst souverän in der Landschaft. Die Inszenierung eines geschriebenen Songs mit den Methoden einer aufgabenteilenden Gruppe ist ihre Kunst, und deren Fertigkeit wächst mit den Jahren. Dann kommt das traumwandlerische Element im Umgang ins Spiel. Die Produktion ist modern - um nicht zu sagen fett -, die weise gewählten Quellen, aus denen geschöpft wird, verschmelzen in dieser so ökonomischen wie atmungsaktiven Produktion zu IHREN Songs. Songs, bei denen man die aktuellen Kriterien der Musikeinschätzung irgendwann einfach vergißt.

Vergißt, ob man dies oder jenes "Teil" auch mal irgendwo auflegen kann, was man in den entsprechenden Clubs zweifellos kann. "Leichte Teile, Kleiner Rock" ist aber eben auch eine Platte für einen noch recht warmen, eher regnerischen Tag zu Hause, im Spätsommer, wenn man Zeit hat, jemandem wirklich zuzuhören. Einen Tag wie heute.“

Danke Hans! Und vergessen Sie bitte auch jetzt die aktuellen Kriterien der Musikeinschätzung! Denn es klingt auch heute z.B. „wie beschwingt und von historischem Ballast befreit; klingt nach Hamburg in der Nach-Hamburg-Ära und obendrein - der schillernde Titel "Leichte Teile, Kleiner Rock" suggeriert es - ein wenig modisch nach Laufsteg. (Holm Friebe, Jungle World, 2/99) Und auch heute wird „der Wunsch genährt, dies hier solle niemals enden“ (Thomas Venker, Spex 10/98)

Das Album „Leichte Teile, Kleiner Rock“, ursprünglich in zwei Etappen veröffentlicht (die 12“ EP „Leichte Teile“ erschien 1996, die Folge-EP „Kleiner Rock“ 1998) und in Albumgestalt dann final als CD 1998, erscheint jetzt komplett auf einer LP. Warum? Weil muss!

Carsten Hellberg: Leichte Teile, Kleiner Rock

Carsten Hellberg, Sänger und Gitarrist der Ostezonensuppernwürfelmachenkrebs blickt zurück auf "Leichte Teile", "Kleiner Rock" und "Leichte Teile, Kleiner Rock".

Nach dem Instrumentalalbum "Keinseier" (1994) wollten wir Musik machen, die den Gesang wieder in die Mitte des Geschehens stellt, ohne das Spiel der Instrumente zu vernachlässigen. Diese Musik würde, auch indem sie Texte als Ausgangspunkte haben würde, songorientierter sein, sich mehr auf einen Kern verdichten lassen, als die früher sehr freie Enstehungsweise dies zuließ. Als Sprache kam für mich zu diesem Zeitpunkt nur Deutsch in Frage. Nach zwei mehr oder weniger englischsprachigen Alben und einem, das gänzlich auf textliche Kommunikation verzichtet hatte, schien mir ein direkter und bewussterer Ausdruck interessanter.

Wir stellten fest, dass das, was wir da machten, letzten Endes so eine Art deutsch-sprachiger Indie-Rock war und somit zunächst einmal nicht gerade der Forschung neuester Stand. Daraus erwuchs allerdings ein Bewusstsein über die Stärken, die wir über die Jahre entwickelt hatten - die spielerische Kraft, das kollektive Verständnis, der humorvolle Abstand zu uns selbst und anderen. Und indem wir gerade nicht versuchten, einem State of the Art nahe zu kommen, konnten wir den Fokus auf das Wesentliche der Songs richten. Letzten Endes - so eine Art Fazit dieser Erfahrung - lässt sich das "wahrhaft Gute" (das, was man selbst an Musik immer wieder so faszinierend findet), nicht entlang zeitgemäßer Kategorien entwickeln oder beurteilen.

In Christian Mevs fanden wir jemanden, der einen ähnlich Zugang zur Musik pflegt und über das entsprechende Wissen verfügt, wie man das oben mühevoll beschriebene im Studio in einen anständigen Wumms verwandelt. 1996 erschien die erste 12"-EP "Leichte Teile", durchaus noch ohne einen konkreten Plan für ein Album. Zwei Jahre später war der nächste Schritt fertig, "Kleiner Rock", wiederum als Vinyl-EP. Der Blick auf die Ergebnisse von dreieinhalb Jahren Arbeit ließ die Kontinuitäten hervortreten, sodass klar wurde, dass die beiden EPs zusammen den Charakter eines Albums hatten - "Leiche Teile, Kleiner Rock".

Dass uns in der veröffentlichten Wahrnehmung mitunter der Backlash der sogenannten Hamburger Schule um die Ohren flog, dass die gottverdammte Rockmusik noch nicht wieder titelfähig geworden war - es wurde alles egal, als wir Anfang 1999 durchs Land fuhren und auf die wunderbarste Weise erfuhren, was für ein besonderes Glück es ist, wenn man mit Freunden etwas aus sich heraus geschaffen hat, dessen Bedeutung Abend für Abend von Wildfremden aufs Wärmste gespiegelt wird.

Ob diese Erfahrungen eine Fortsetzung haben werden, ist offen. Wir sind auf alle Fälle nicht abgeneigt.

LADO Musik GmbH 2004

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